Koalitionsvertrag mit Nackenschlag für ländliche Breitbandnutzer

Wer auf dem Land lebt, kennt das Problem: Umso idyllischer die Gegend, umso langsamer ist häufig das Internet. Gar mancher schleicht mit weniger als 1 Mbit/s durchs Netz. Im heutigen Internetzeitalter eine echte Qual. Die Bundesregierung verspricht der Landbevölkerung schon lange schnelles Internet in ländlichen Regionen. Viele Gebiete hat dieses Versprechen noch nicht erreicht. Doch eine neue Regierung macht immer etwas Hoffnung auf neue Impulse beim Breitbandausbau auf dem Land.

Das Infoportal 4G.de hat den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD genauer unter die Lupe genommen und zeigt, was die Bürger von der Großen Koalition beim Breitbandausbau auf dem Land erwarten können. Dabei macht der Vertrag der Koalitionäre durchaus Hoffnung, dass man das Problem erkannt hat. Denn so heißt es etwa zur Beginn der Passage „Digitale Infrastruktur“: Für ein modernes Industrieland ist der flächendeckende Breitbandausbau eine Schlüsselaufgabe. Deshalb werden wir die Breitbandstrategie weiterentwickeln. Es gilt, die digitale Spaltung zwischen den urbanen Ballungszentren und ländlichen Räumen zu überwinden.“ (Quelle: Koalitionsvertrag)

Dieses Ziel will man durch „Technologieoffenheit“ beim Breitbandausbau und zusätzliche Investitionsanreize für die Netzbetreiber auf dem Land erreichen. Doch bei genauer Betrachtung bleibt der Koalitionsvertrag beim Thema Breitband in vielen Punkten vage und zeigt dazu: Bei den Breitbandzielen der Bundesregierung zieht die Landbevölkerung wieder einmal den Kürzeren.

Schnelles Internet auf dem Land „so schnell wie möglich“

Bei einem verbindlichen Termin für den Breitbandausbau auf dem Land bleibt man doch recht vage. So wolle man Gebiete mit einer Übertragungsrate von unter 2 Mbit/s „so schnell wie möglich erschließen“. Nur ein konkretes Datum für den Breitbandausbau fällt im Vertrag: Bis 2018 möchte man „eine flächendeckende Grundversorgung mit mindestens 50 Mbit/s“ bieten. Also ein bisschen Geduld sollte man auf dem Land schon noch haben.

Die Koalition setzt auf den LTE-Ausbau auf dem Land (Quelle: Deutsche Telekom)

Die Koalition setzt auf den LTE-Ausbau auf dem Land (Quelle: Deutsche Telekom)

Beim Ausbau auf dem Land ist „Technologieoffenheit“ das Schlagwort. Die Netzbetreiber können allein entscheiden, mit welcher Technologie sie den Menschen in den ländlichen Regionen schnelles Internet bieten. Doch nur eine Zeile später macht die Koalition klar, dass man selber eine bestimmte Technologie für den ländlichen Breitbandausbau bevorzuge. Freigewordene Funkfrequenzen sollen „vorrangig für die Breitbandversorgung im ländlichen Raum“ genutzt werden. Konkret bedeutet dies: Die Große Koalition setzt auf LTE als DSL-Ersatz auf dem Land.

Für die Menschen in den ländlichen Regionen heißt es also weiter. Es gibt mit LTE nur einen hochpreisigen DSL-Ersatz mit knappen Datenvolumen. Während sich mancher Großstädter darüber ereifert, dass er in Zukunft mit DSL vielleicht nur noch 100 GB im Monat hat, können die Menschen auf dem Land nur den Kopf schütteln: Mehr als 30 GB sind zur Zeit mit LTE nicht drin. Wer mehr braucht, muss Datenvolumen nachkaufen.

Längere Laufzeitverträge als Investitionsanreiz

Die Große Koalition möchte für die Netzbetreiber zusätzliche Investitionsanreize für den Breitbandausbau auf dem Land schaffen. Dabei nennt der Koalitionsvertrag eine konkrete Maßnahme: „Um mehr Investitionssicherheit für Netzbetreiber im ländlichen Raum zu schaffen, werden wir die rechtlichen Rahmenbedingungen für längerfristige Verträge der Netzbetreiber mit den Netznutzern zu Ausbau und Finanzierung der Breitbandinfrastruktur prüfen und gegebenenfalls Vertragslaufzeiten von 3 bis 4 Jahren im ländlichen Raum ermöglichen.“ (Quelle: Koalitionsvertrag)

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Längere Laufzeitvertäge widersprechen aktuellen EU-Plänen (Bild: europa.eu)

Längere Laufzeitverträge von 3 bis 4 Jahren sollen die deutschen Netzbetreiber zur mehr Investitionsbereitschaft animieren. In Zukunft könnte also der Wohnort über die Vertragslaufzeit bei Verträgen mit Providern entscheiden. Wer auf dem Land wohnt, bindet sich für vier Jahre, während man in der Stadt einen Vertrag mit zwei Jahren abschließt. Die Menschen auf dem Land können so in Zukunft kaum in angemessener Zeit einen Vertrag kündigen oder den Anbieter wechseln.

Die Pläne der Großen Koalition widersprechen dabei den Zielen der Europäischen Union für den Telekommunikationsmarkt. Das EU-Gesetzespaket „Vernetzter Kontinent“ sieht ausdrücklich „einen Anspruch auf einen 12-Monats-Vertrag“ (Quelle: EU) vor. Vielleicht dürfen Städter in Deutschland in Zukunft auch 12-Monats-Vertäge abschließen.

WLAN für alle in den Städten

Während die Große Koalition beim Breitbandausbau auf dem Land recht vage bleibt, äußert man sich beim Thema WLAN in den Städten wesentlich konkreter: „Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist.“ (Quelle: Koalitionsvertrag) Hier gibt es nur noch ein Hindernis zu überwinden: Die WLAN-Betreiber brauchen Reichssicherheit, etwa „durch Klarstellung der Haftungsregelungen“. In Zukunft werden die Städte also immer mehr zum Surferparadies: Breitband ist hier bald an vielen Orten für jeden verfügbar.

Fazit 4G.de

Betrachtet man die Pläne der Großen Koalition im Ganzen, verfehlen diese klar das Ziel, die Digitale Spaltung zwischen Stadt und Land zu überwinden. Immer mehr zeichnet sich ein Zwei-Klassen-Internet zwischen ländlichen und urbanen Regionen ab. Schnelle Festnetzverbindungen in der Stadt stehen gegen mobile Verbindungen als DSL-Ersatz auf dem Land. Während in der Stadt erst nach 100 GB oder gar nicht gedrosselt wird, heißt es auf dem Land spätestens nach 30 GB: Nichts geht mehr. Die Pläne zu unterschiedlichen Vertragslaufzeiten zwischen Stadt und Land dürften diese Kluft noch etwas verstärken.

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