LTE-Tarife: Bewerbung mit „bis zu“ kann irreführend sein
Mobilfunkanbieter dürfen LTE-Tarife nicht mit Spitzenwerten wie „bis zu 100 Mbit/s“ bewerben, wenn die mobile Surfgeschwindigkeit nicht annähernd der Praxis entspricht. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hervor, welches nun bekannt wurde. Der Beschluss der Richter dürfte für die zukünftige Bewerbung von 4G-Tarifen relevant sein.
Bereits am 07.05.2015 (Az.: 6 U 79/14) hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden, dass die Bewerbung von LTE-Tarifen mit „bis zu“ unter Umständen irreführend sein kann. Das bereits ältere Urteil wurde jedoch erst am 13.11.2015 online veröffentlicht. Im konkreten Urteil geht es um eine Werbeanzeige der Deutschen Telekom in einer Tageszeitung vom November 2012, worin es heißt: „Nur im Netz der Deutschen Telekom surfen Sie mit LTE-Geschwindigkeit von bis zu 100 MBit/s.“ Ende 2012 waren LTE-Tarife noch nicht weit verbreitet und die Deutsche Telekom hatte etwa 50 Städte mit 4G ausgebaut, die Übertragungsrate von bis zu 100 Mbit/s war jedoch in den besagten Städten (1800-MHz) zumindest theoretisch möglich. Speedtest schafften zu diesem Zeitpunkt im Netz der Telekom durchschnittlich 45 Mbit/s. Die Richter orientierten sich bei ihrer Beurteilung unter anderem an typischen Speedtests aus dem Jahr 2012.
45 Mbit/s als Mittelwert sei laut dem Oberlandesgericht Frankfurt zu wenig. Wer mit „bis zu 100 Mbit/s“ wirbt, muss seinen Kunden zumindest annähernd die genannte Übertragungsrate bieten. Konkret heißt es im Urteil des Gerichts: „Ein Mittelwert von nicht mehr als 45 MBit/s ist von dem beworbenen Spitzenwert jedoch so weit entfernt, dass die angesprochenen Verkehrskreise bei der Wahl dieses Tarifs nicht die Vorstellung haben, im Mittel mit dieser Geschwindigkeit zu surfen. Daraus ergibt sich, dass die angegriffene Werbung zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung irreführend war.“ (Quelle: Hessenrecht). Damit war die Bewerbung der LTE-Tarife (hier ging es um Complete Mobil) im November 2012 irreführend.
LTE-Tarife: Was bedeutet das Urteil für den Verbraucher?
Das Urteil vom 07.05.2015 bezieht sich auf LTE-Tarife aus dem Jahr 2012. Doch welche Bedeutung hat es für die heutigen Verbraucher? Das Oberlandesgericht macht in seinem Urteil auch klar: Eine Bewerbung mit bis zu 100 Mbit/s ist solange irreführende, solange sich die durchschnittlichen Übertragungsraten im LTE-Netz nicht verbessern. Wer heute also zum Beispiel in einer Tageszeitung „mit bis zu 100 Mbit/s“ wirbt, macht sich als Anbieter rechtlich angreifbar, wenn die durchschnittlichen Übertragungsraten nicht annähernd in diesem Bereich liegen.
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Zumindest muss der Netzbetreiber dann laut Gericht die Angabe mit „bis zu“ deutlicher konkretisieren, indem er einen Mittelwert nennt. Denn hier zeigt das Oberlandesgericht offenbar einen Weg auf. Im Urteil heißt es nämlich: „Wenn die Antragsgegnerin [die Telekom] nicht in der Lage ist, einen Mittelwert – zumindest annähernd – anzugeben, darf sie mit dem Maximalspeed nur dann werben, wenn die Werbung nicht nur die Angabe „bis zu“, sondern weitere aufklärende Hinweise enthält.“ (Quelle: Hessenrecht)
Insgesamt ist das verbraucherfreundliche Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zu begrüßen. In der Praxis dürfte es den Nutzer jedoch wenig bringen. Hier müsste man schon gegen falsch beworbene LTE-Tarife klagen und sich auf einen Streit einlassen, welcher Mittelwert beim mobilen Surfen angemessen sei. Selbst bei guten Erfolgsaussichten müsste man dazu noch einiges an Geduld mitbringen. Im hier aufgeführten Beispiel wurde im Mai 2015 über einen beanstandeten Tarif vom November 2012 entschieden.