Kursbuch Netzausbau: LTE Advanced fürs Land

Die Netzallianz Digitales Deutschland hat heute ihr Kursbuch Netzausbau in Berlin vorgestellt. Das Bundeswirtschaftministerium erläutert dort auf etwa 20 Seiten, wie man das Breitbandziel von mindestens 50 Mbit/s bis Ende 2018 erreichen möchte. So heißt es zu Beginn im Kursbuch Netzausbau mit einigen Hervorhebungen im Fettdruck: „Ziel der Bundesregierung ist es, bis zum Ende des Jahres 2018 eine flächendeckende Versorgung der bundesdeutschen Haushalte mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s sicherzustellen. Damit können bei den digitalen Diensten gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilen des Landes sichergestellt und eine Chancen- und Innovationsgerechtigkeit für alle Bürger und Unternehmen gewährleistet werden.“ (Quelle: Kursbuch Netzausbau)

Kursbuch Netzausbau

Minister Dobrindt und Dorothee Bär stellen das Kursbuch Netzausbau vor (Quelle: Bundeswirtschaftsministerium)

Auffällig ist die Passage „gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilen des Landes.“ Wer sich das Strategie-Papier der Netzallianz Digitales Deutschland näher anschaut, merkt jedoch sehr schnell, dass im Prinzip alles beim Alten bleibt. Man setzt weiter hin auf einen Technologie-Mix. Doch nun heißt es in Zukunft nicht mehr LTE, sondern LTE Advanced für die Menschen auf dem Land. Eine Mobilfunktechnologie wird also durch eine noch schnellere Mobilfunktechnologie ersetzt. Scheinbar befindet man sich im Bundeswirtschaftsministerium geradezu im Highspeed-Fieber, denn neben LTE-A hat man schon 5G als Gigabyte-Technologie im Blick: „Die bevorstehende Einführung der LTE-Advanced-Technologie wird die Download-Raten in deutschen Mobilfunknetzen auf bis zu 300 Mbit/s steigern. Nach 2018 werden Mobilfunknetze der fünften Generation (5G) die Qualität mobiler Breitbanddienste weiter erhöhen.“ (Quelle: Kursbuch Netzausbau)

Etwas später äußert sich die Netzallianz Digitales Deutschland etwas konkreter: „Für abgelegene Haushalte bietet LTE-Advanced unter Nutzung der 700 und 800 MHz Frequenz-Ressourcen kostengünstig die Möglichkeit, NGA-Bitraten [Next Generation Access] zur Verfügung zu stellen.“ (Quelle: Kursbuch Netzausbau) Unkonkret bleibt jedoch die Frage, wie man über Mobilfunk „gleichwertige Lebensverhältnisse“ unabhängig von Stadt und Land ermöglichen möchte.

LTE ein Erfolgsmodell auf dem Land

Nicht jeder wird dem zustimmen, doch für das Bundeswirtschaftministerium und Internet-Minister Dobrindt ist LTE ein Erfolgsmodell auf dem Land. So lobt man den schnellen 4G-Ausbau im Kursbuch Netzausbau ausdrücklich. Die Mobilfunktechnologie der vierten Generation biete seit Mitte 2014 eine Netzabdeckung von 86,5 Prozent (LTE outdoor), damit erreiche man 34,5 Millionen deutsche Haushalte. Europaweit nehme man hier eine Spitzenposition ein, nur Schweden sei mit 90 Prozent LTE-Netzabdeckung noch besser. Die Zahl der 4G-Nutzer hierzulande sei schnell gestiegen. Gab es noch im Mai 2014 nur 1,6 Millionen LTE-Nutzer in Deutschland, waren es Ende 2013 bereits 5,6 Millionen. Die Verpflichtungen der Netzbetreiber zum LTE-Ausbau auf dem Land bei der Versteigerung der 800-MHz-Frequenzen (Digitale Dividende) bewertet man im Kursbuch Netzausbau ebenso positiv.

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So scheint es eigentlich nur logisch, dass man bei der Versteigerung der Frequenzen mit 700-MHz (Digitale Dividende II) im ersten Quartal 2015, die Netzbetreiber zu einen Ausbau mit LTE Advanced auf dem Land verpflichtet. Ein Satz im Strategiepapier deutet dies eben an: „Die mit den Lizenzen [für 700-MHz] verbundenen Versorgungsauflagen sollen eine weitgehende Versorgung der besonders ländlichen Gebiete unterstützen.“ (Quelle: Kursbuch Netzausbau) Man darf gespannt sein, wie die Versorgungsverpflichtungen konkret für die Netzbetreiber aussehen werden.

Fazit 4G.de

LTE ermöglicht heute vielen Menschen auf dem Land schnelles Internet. Wenn man wie das Bundeswirtschaftsministerium 4G in den ländlichen Regionen als Erfolgsmodell sieht, scheint der nächste Schritt zu LTE Advanced nur logisch. So bleibt der Ausbau für die Netzbetreiber weiterhin rentabel. Die Netzallianz Digitales Deutschland orientiert sich weiterhin an Übertragungsraten, ohne die Technologie im Hintergrund dabei zu berücksichtigen. Damit bleibt man im Kursbuch Netzausbau weiterhin die Frage schuldig, wie man über mobiles Internet gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land schaffen möchte.

LTE und LTE Advanced haben durchaus das Potential zu einem echten DSL-Ersatz. Doch hier müssen die Netzbetreiber ihre 4G-Tarife maßgeblich anders gestalten und mehr Datenvolumen bieten. Wenn die Anbieter diesen Weg nicht selbst beschreiten, muss letztendlich die Bundesregierung eingreifen und die Bedingungen für einen echten DSL-Ersatz schaffen. Schließlich soll LTE aufgrund der Verpflichtungen der Netzbetreiber ausdrücklich ein Festnetzersatz sein. Doch die Bundesregierung setzt weiter darauf, dass sich der Markt hier von selbst reguliert.

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Showing 4 comments
  • Mossmeier, Anton
    Antworten

    Vielleicht ist die angedachte Hybrid Lösung von TCom eine akzeptable Zwischenstufe. Mit mein 2 MB hänge ich doch schon gar schlimm am Tropf…

    AM

  • Maik K.
    Antworten

    Sehr guter Artikel!

    Und zwar bezogen darauf, dass die 4G Redaktion hier direkt die Problematik mit dem Inklusivvolumen angesprochen hat!

    Ich habe beim lesen des Artikels zuerst (mal wieder) nen Hals bekommen, weil LTE von der Regierung himmelhoch jauchzend gelobt wird und als
    -DIE- Lösung verkauft wird!

    Doch dass die kritische Frage nach dem Volumen und dem aktuell
    eben-nicht-vorhandenen DSL Ersatz gestellt wurde, zeigt mir, dass dieses Thema nicht nur in den Köpfen einer Handvoll „Unruhestifter“ (wie mir ;-)) präsent ist, sondern auch immer öffentlicher wird!

    Bleibt abzuwarten, wie viele Legislaturperioden noch vergehen müssen,
    bis es endlich auch bei unseren Politikern ankommt!

    Vielen Dank aber an die 4G Redaktion, ihr habt es richtig gemacht!!

    • Marius Pieruschka
      Antworten

      Hallo Maik K.

      danke für dein Lob. Von der Politik wird wohl keine Lösung kommen. Man weiß um die Problematik, hat aber in zahlreichen Entwürfen und Gesetzesvorlagen zu einer besseren Breibandvorsorgung nicht wirklich darauf reagiert. Es gibt jedoch zwei berechtigte Hoffnungen für die LTE-Nutzer auf dem Land.

      Die Telekom hat vor einigen Monaten spezielle Tarife für die Menschen auf dem Land angekündigt: Weniger Speed und mehr Datenvolumen. Diese Tarife bedürfen laut Telekom noch einer gewissen Planung bis zur Verwirklichung. Doch 2015 könnte diese LTE-Tarife kommen.

      Die Verbraucherzentrale Sachsen hat Vodafone wegen der Bewerbung seiner LTE-Tarife (DSL-Ersatz) als Flatrate verklagt. Eine Entscheidung hierzu wird Anfang 2015 vor dem Landgericht Düsseldorf fallen. Die Verbrauchschützer streben hier ausdrücklich ein Grundsatzurteil an. Es geht um die Frage, wie angemessen eine Drosslung von bis zu 50 Mbit/s auf bis zu 384 kbit/s bei einem DSL-Ersatz ist. Vielleicht fällt die Drossel nicht ganz weg, aber die Richter könnten die Geschwindigkeit bei der Drosselung anheben (bis zu 2 Mbit/s). Ich bin gespannt auf das Urteil.

      Schöne Grüße

      vom 4G.de Team

      • Hendrik
        Antworten

        Ich bin auch gespannt! Wir nutzen Vodafone LTE, was an sich schon recht teuer, aber bei uns alternativlos ist. Nun werden wir bei einem Volumen von 10 GB gedrosselt, mehr Volumen will Vodafone auch nicht verkaufen, da der Sendemast ausgelastet sei. Wie soll das ein gleichwertiger Anschluss sein? Unsere Freunde in den großen Städten verbrauchen eher 200 GB im Monat! Klar, Emails abrufen und ein bißchen surfen geht. Will ich aber einen Film streamen ist das halbe Volumen des Monats weg…

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