Interview mit Dr. Georg Nüßlein (CSU): LTE nur Übergangs- und Zusatzlösung
Im Rahmen seiner Interview-Reihe „LTE-Ausbau Deutschland – Politik und Wirtschaft nehmen Stellung“ befragt 4G.de in den nächsten Wochen Fachpolitiker sowie Vertreter aus Wirtschaft und von Interessenverbänden ausführlich in Sachen LTE. Den Startschuss gibt Dr. Georg Nüßlein (CSU), seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages und dortiger Vertreter des Wahlkreises Neu-Ulm. Er ist Beauftragter der CDU/CSU-Fraktion für IT-, Post- und Telekommunikationspolitik und wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe. Als Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie war er auch an der Ausarbeitung der jüngsten TKG-Novelle beteiligt, welche im Mai 2012 in Kraft trat und vor allem die Verbraucherrechte im Bereich der Telekommunikation stärken soll.
4G.de: Vor wenigen Wochen haben die deutschen Netzbetreiber die Weißen Flecken in Mecklenburg-Vorpommern geschlossen. Aktuell haben die Netzbetreiber ihre Versorgungsverpflichtungen in 12 der 13 Flächenbundesländer erfüllt. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass der LTE-Ausbau in den ländlichen Gebieten noch im Jahr 2012 abgeschlossen ist. Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund den LTE-Ausbau auf dem Land?
Dr. Nüßlein: LTE-Technik ist ein wichtiger Ansatz, um die Breitbandversorgung kurzfristig zu sichern. Ich sehe langfristig beide Lösungen – funk- und kabelbasierte, insbesondere Glasfaser – nicht konkurrierend, sondern nebeneinander.
4G.de: Für viele Menschen auf dem Land stellt LTE einen DSL-Ersatz dar. Nicht alle Netzbetreiber bieten die maximale Übertragungsrate der Digitalen Dividende (800-MHz) von bis 50 Mbit/s an. Alle LTE-Tarife sind an ein Inklusivvolumen gebunden, nach dessen Verbrauch die Surfgeschwindigkeit deutlich gedrosselt wird. Stellt Ihrer Ansicht nach LTE in den ländlichen Gebieten einen vollwertigen DSL-Ersatz dar?
Dr. Nüßlein: Weil die LTE-Technik ein sogenanntes „Shared Medium“ ist, kann LTE nur Übergangs- und Zusatzlösung sein. Wenn man überlegt, welche Bandbreiten vielleicht in zehn Jahren notwendig sind, um zum Beispiel Anwendungen im Bereich von E-Health oder IPTV nutzen zu können, dann ist klar, dass die Nutzer im ländlichen Raum mit LTE nicht langfristig „abgespeist“ werden können. Dabei will ich technische Möglichkeiten zur Erweiterung von LTE-Bandbreiten nicht ausblenden. Die Leute, die nicht in Städten und Ballungszentren leben, haben den gleichen Anspruch auf eine hochwertige Breitbandversorgung. Das gibt uns das Grundgesetz auch so vor. LTE ist also nur ein erster Schritt dabei, die digitale Stadt-Land-Kluft zu schließen. Breitband ist ein geniales Instrument, um die Unterschiede zwischen Stadt und Land einzudämmen. Es wäre fatal, wenn wir diese Chance nicht nutzten.
4G.de: Unternehmen und Selbstständige auf dem Land sind auf schnelle Breitbandverbindungen angewiesen. LTE-Tarife für Geschäftskunden unterscheiden sich nicht wesentlich von den Produkten für Privatkunden. Auch diese Datentarife sind an ähnliche Übertragungsraten und Datenvolumen gebunden. Wie beurteilen Sie LTE als Breitbandlösung für Unternehmen und Selbstständige in ländlichen Regionen?
Dr. Nüßlein: Gerade Geschäftsleute sind auf eine symmetrische Breitbandanbindung angewiesen, sie brauchen also gleich hohe Datenraten im Upload wie auch im Download. Nehmen wir nur das Beispiel eines Architekten in Hinteraltdorf, der seine dreidimensionalen, multimedialen Konstruktionspläne und Präsentationen mit vielen MB Datenmenge an seine Kunden schicken will. Wenn der über LTE mit 25 anderen Usern im Netz ist, kommt er mit seinen dann vielleicht 2 Mbit/s nicht weit. Langfristig wird nur ein flächendeckender Glasfaseranschluss – auch im ländlichen Raum – für alle Regionen Deutschlands die Datenmengen garantieren, die wir für die Anwendungen von morgen brauchen. Das geht aber nicht im Hauruckverfahren. Schritt für Schritt müssen wir zunächst die Hauptverteiler, dann die Kabelverzweiger und schließlich die Gebäude und Wohnungen an Glasfaser anbinden. Unsere jüngste TKG-Novelle hat dafür gute Voraussetzungen geschaffen.
Fazit 4G.de
Dr. Georg Nüßlein (CSU) sieht LTE als eine Übergangs- und Zusatzlösung für den Breitbandausbau auf dem Land. Langfristig könne nur ein flächendeckender Glasfaseranschluss schnelles Internet für alle Bewohner Deutschlands gewährleisten. Das Hauptproblem sieht er in der Eigenschaft von LTE als „Shared Medium“, wodurch sich viele Nutzer die Bandbreite in einer Funkzelle teilen müssen. Dabei gibt Dr. Nüßlein durchaus auch Nachfolgetechnologien von 4G wie LTE Advanced eine Chance. Grundsätzlich sieht er den Staat in der Pflicht eine flächendeckende Breitbandversorgung zu gewährleisten und verweist auf Grundgesetzartikel 87f (Absatz 1) [Postwesen und Telekommunikation]: „Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das die Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen.“ Die jüngste TKG-Novelle hat laut Dr. Nüßlein gute Voraussetzungen für den Breitbandausbau auf dem Land geschaffen.
Wir danken Dr. Nüßlein vielmals für das interessante Interview und freuen uns auf einen regen Meinungsaustausch dazu mit den 4G.de Lesern!
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Ich berufe mich in den nachfolgenen Ausführungen (>) auf Zitate aus dem obigen Interview (mit /“ „/ gekenzeichnet).
> Die Feststellung, daß
/“Die Leute, die nicht in Städten und Ballungszentren leben, den gleichen An-
spruch auf eine hochwertige Breitbandversorgung haben“/
sollte einmal den dafür Verantwortlichen sowohl bei den dafür zuständigen
Versorgern als auch in den kommunalen Verwaltungen vorgetragen werden, da
diese offensichtlich in verschiedenen Regionen nicht von selbst darauf kom-
men. An meinem Wohnort hat noch niemand ernsthaft daran gedacht, daß
solche Anschlüsse heutzutage Standard und insbesondere für Unternehmen
aller Größenordnungen lebensnotwendig sind.
> /“Wenn man überlegt, welche Bandbreiten vielleicht in zehn Jahren notwendig
sind, um zum Beispiel Anwendungen im Bereich von E-Health oder IPTV
nutzen zu können, dann ist klar, dass die Nutzer im ländlichen Raum mit LTE
nicht langfristig „abgespeist“ werden können“/.
Ich wäre froh, mit LTE „abgespeist“ zu werden. Ich wohne im „Oberzentrum“
Zwickau (OT Crossen). Hier bietet Telekom lächerliche 384k-DSL-Anschlüsse
an. Alternativ, um eingermaßen dem Stand der technischen Möglichkeiten zu
entsprechen, werden zunehmend UMTS-Anschlüsse aktiviert mit dem Ergeb-
nis, daß das Netz ständig überlastet ist. Anderswo selbstverständliche
Annehmlichkeiten wie schnelles Surfen, Smart-TV sind ebenso wie jeglicher
Datenverkehr nur mit wesentlichen Einschränkungen möglich.
Der in der „Freien Presse/ Zwickauer Zeitung“ (www.freiepresse.de) am
26.10.2012, Seite 7, veröffentlichte Artikel „Flickenteppich beim Turbo-Internet“
zeigt u.a. deutlich die Unterversorgung der Region Zwickau. Dem Artikel konnte
ich nicht entnehmen, inwieweit der Netzausbau in der Region vorankommen
soll. Es ist mir unverständlich, wie eine Region mit derartigem Industriepotential
und der daraus resultierenden Bevölkerungsdichte derart vom Stand der tech-
nischen Möglichkeiten auf diesem Gebiet ausgeschlossen wird.
Sehr geehrte Damen und Herren !
Als aktiver Pensonär im Kolping kann man als werdener
Gutachter bei der BIVA.de, BAGSO.de mit einem Vodafone
Internet im DSL Bereich mit nur 1.000 MBit/s nicht fiel erreichen.
Freundliche Grüße
Hermann Weber
Bautechniker
KOLPING
…… hallo, ich persönlich sehe die Funklösung auch nur als Übergangslösung neben der Glasfaserlösung, somal in den Verknüpfungspunkten der Telekom die Kabel ja nutzlos liegen !!! Die Hausanschlüsse fehlen, sind alle noch auf Analoganschluss, für mich ist das nicht tragbar, Geld für Glasfaser in den Sand gesetzt, warum wird das nicht zu Ende gebaut ??? Die Telekom hat doch schon Geld dafür für den kompletten ausbau bekommen (glasfaser). Mit freundlichen Grüssen Sicker