Interview mit Claudia Bögel (FDP): LTE ist günstige Alternative für ländlichen Breitbandausbau
Im Rahmen der Interview-Reihe „LTE-Ausbau Deutschland – Politik und Wirtschaft nehmen Stellung“ befragt 4G.de in den folgenden Wochen Fachpolitiker sowie Vertreter aus Wirtschaft und von Interessenverbänden ausführlich zum Thema LTE. Der dritte Interviewpartner in unserer Reihe ist Claudia Bögel (FDP), Beauftragte der FDP-Bundestagsfraktion für IT-Kommunikation und Postpolitik. Seit 2009 vertritt die Abgeordnete den Wahlkreis Steinfurt/Borken im Deutschen Bundestag. Bögel ist ordentliches Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. Zusätzlich fungiert sie als Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für den Mittelstand.
4G.de: Vor wenigen Wochen haben die deutschen Netzbetreiber die Weißen Flecken in Mecklenburg-Vorpommern geschlossen. Aktuell haben die Netzbetreiber ihre Versorgungsverpflichtungen in 12 der 13 Flächenbundesländer erfüllt. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass der LTE-Ausbau in den ländlichen Gebieten noch im Jahr 2012 abgeschlossen ist. Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund den LTE-Ausbau auf dem Land?
Claudia Bögel: Der Ausbau des mobilen Breitbandes ist ein wichtiger Baustein bei der Erreichung einer flächendeckenden Versorgung mit hochleistungsfähigem Internet. Gerade in ländlichen Regionen, wo die Zahlungsbereitschaft und Nachfrage geringer als in urbanen Gebieten ist und sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit für den Investoren stellt, bietet LTE eine kostengünstige Alternative mit ausreichender Versorgungsqualität zur Festnetzversorgung. Es entfallen teure, aufwendige Tiefbauarbeiten wie bei der Verlegung der Glasfaser und der Anschluss kann kurzfristig erfolgen. Zudem bietet es den Vorteil, die Netze entsprechend der Nachfrage schrittweise zu verdichten und nicht auf Vorrat ausbauen zu müssen.
4G.de: Für viele Menschen auf dem Land stellt LTE einen DSL-Ersatz dar. Nicht alle Netzbetreiber bieten die maximale Übertragungsrate der Digitalen Dividende (800-MHz) von bis 50 Mbit/s an. Alle LTE-Tarife sind an ein Inklusivvolumen gebunden, nach dessen Verbrauch die Surfgeschwindigkeit deutlich gedrosselt wird. Stellt Ihrer Ansicht nach LTE in den ländlichen Gebieten einen vollwertigen DSL-Ersatz dar?
Claudia Bögel: Durch die Bindung an ein Inklusivvolumen und durch die Tatsache, dass es sich bei LTE um ein „Shared Medium“ handelt, kann es zu schwankenden Übertragungsraten kommen. Allerdings sind gerade in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte Geschwindigkeitseinbußen bei gemeinsamer Nutzung von Funkzellen weniger spürbar.
LTE hat durch seine technischen Weiterentwicklungschancen und der damit verbundenen Vervielfachung der Übertragungsraten das Potenzial, ein vollwertiger DSL-Ersatz zu werden. So bietet LTE-Advanced ab 2013 höhere Bandbreiten mit bis zu 1 Gbit/s und niedrigere Latenzen.
Auch in Hinblick auf das sich ständig ändernde Nutzerverhalten, was sich in der steigende Bedeutung der mobilen Nutzung des Internets mit Smartphones und Tablet PCs zeigt, ist es wichtig, den Breitbandausbau marktgetrieben und technologieoffen zu halten. Nur so kann sich die Innovationskraft des Wettbewerbs voll entfalten.
4G.de: Unternehmen und Selbstständige auf dem Land sind auf schnelle Breitbandverbindungen angewiesen. LTE-Tarife für Geschäftskunden unterscheiden sich nicht wesentlich von den Produkten für Privatkunden. Auch diese Datentarife sind an ähnliche Übertragungsraten und Datenvolumen gebunden. Wie beurteilen Sie LTE als Breitbandlösung für Unternehmen und Selbstständige in ländlichen Regionen?
Claudia Bögel: Für Selbstständige und Unternehmen bieten die Provider spezielle LTE-Tarife mit einem höheren Inklusivvolumen von bis zu 30 GB im Monat an. Trotz hohen Datenverbrauchs stehen dem Unternehmer damit länger hohe Übertragungsraten zur Verfügung. Bei der Versorgung von Unternehmen mit sehr hohem Datenverbrauch besteht noch Optimierungsbedarf.
Fazit 4G.de:
Claudia Bögel (FDP) sieht in LTE eine kostengünstige Alternative für den Breitbandausbau in ländlichen Regionen im Vergleich zu anderen Technologien. Mit 4G könne man auf dem Land mit geringem Aufwand eine flächeneckende Versorgung mit hochleistungsfähigem Internet gewährleisten. Dabei sieht sie die Problematik begrenzter Datenvolumen und schwankender Übertragungsraten durch LTE als „Shared Medium“, verweist gleichzeitig darauf, dass sich auf dem Land weniger Menschen eine Funkzelle teilen müssten. Einen vollwertiger DSL-Ersatz könne es erst mit der Nachfolgetechnologie LTE Advanced (4.5G) ab 2013 geben. Mehrere Mobilfunkexperten gehen wie Bögel von einem Start von 4.5G im Jahr 2013 in Deutschland aus. Der Nachfolger von LTE könnte zum erhofften DSL-Ersatz auf dem Land werden, da die höhere Bandbreite (1 Gbit/s) höhere Inklusivvolumen mit sich bringt. Beim Thema LTE für Unternehmen verweist Bögel darauf, dass die Netzbetreiber auf die Bedürfnisse der Geschäftskunden reagierten. Hier bezieht sie sich auf spezielle Tarife von Vodafone oder o2. Der Netzbetreiber o2 startete zum Beispiel im September 2012 mit neuen LTE-Tarifen für Geschäftskunden. Gleichzeitig stellt Bögel klar, dass für einzelne Unternehmen selbst 30 GB im Monat nicht ausreichen.
Wir danken Claudia Bögel vielmals für das interessante Interview und freuen uns auf einen regen Meinungsaustausch dazu mit den 4G.de Lesern!
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